Ein unglaubliches Erlebnis
Warum eigentlich auf Malta studieren?
Nun, in England regnet es nur und die kulinarischen Genüsse kommen zu
kurz. USA und Kanada sind zu teuer und lohnten sich für mich vor dem 1. Staatexamen
nicht. Australien hatte eine andere Studienplanung. Als ich meinen Eltern erzählte, ich
wolle auf Malta studieren, lachten sie am Anfang nur: "Du wirst doch bloß den ganzen
Tag am Strand liegen und surfen..."
Am 25.09.00 flog ich mit Swiss Air über Zürich nach Malta . Am Flughafen
angekommen, nahm ich ein Taxi zur University Residence in Lija, Preis: LM 8. Viel zu
teuer, wie sich später herausstellte. Mein erster Eindruck war geprägt durch viele
verschiedene Gefühle. Zum einen stand mir ein spannendes Abenteuer bevor: ein ganzes
Semester auf Malta zu studieren, zum anderen, sich in die Ungewissheit eines anderen
Landes und dessen Kultur zu begeben. Auf den ersten Blick ist Malta ein mediterranes Land,
welches durch seine Bauart (Sandstein) sehr an Griechenland und Spanien erinnert. Doch
wird dieser Eindruck durch den Zustand der Strassen und Häuser schnell zunichte gemacht.
Doch die Sonne stand hoch am Himmel und ich fuhr in einem klapprigen Taxi zu meinem neuen
Zuhause und staunte über die Insel.
Die University Residence war noch vor 5 Jahren ein Hotel und beherbergt nun
etwa 120 Studenten aus allen Ländern der Welt. Die Residence verfügt über einen Pool,
ein Restaurant und Sportmöglichkeiten, wie Tennis- und Basketballplatz. Vor allem
vertreten sind dort Deutsche, Amerikaner, Kanadier und Franzosen. Dieses kleine
multikulturelle Biotop wurde mein Zuhause. Die Apartments waren jeweils von 3-6 Bewohnern
belegt, wobei man auch ein Einzelzimmer bekommen konnte. Die Residence ist ein optimaler
Ort, Leute kennenzulernen, zu feiern und ist zudem ein Paradies für Singles. Zum anderen
muss darauf hingewiesen werden, dass die Zimmer karg (aber geräumig) sind und der Preis
eigentlich zu hoch ist. Dennoch kann man die Residence nur empfehlen, denn dort knüpft
man leicht die wichtigen Kontakte für die Zeit auf Malta. Es ist jedoch darauf
hinzuweisen, dass die Residence, wie jedes Studentenwohnheim, ziemlich laut werden kann.
Dann kann man sich jedoch immer noch in den Studyroom zurückziehen, der mit Computern und
Internetanschlüssen bestückt ist. Das Personal ist sehr hilfreich und geht oft auf
besondere Wünsche ein, Reparaturen werden zügig durchgeführt. Note 2-, denn der Preis
müsste niedriger liegen.
Schnell waren also die Kontakte über einer Flasche "Cisk"-Bier
geknüpft und wir waren uns einig, dass wir diese Zeit genießen würden. Die Atmosphäre
zwischen den Studenten ist sehr locker; das gute Wetter trägt sicher dazu bei. In der
Nähe der Residence gibt es zwei taugliche Kneipen: Zmerc und 4 Seasons, bei beiden kann
man kostenlos Snacks bekommen, während man sich dort aufhält. Mein Apartment entwickelte
sich während des Semesters als Partyraum. Natürlich gibt es immer eine kleine Party hier
und da. Dies wird auch von der Leitung der Residence genemigt.
Die Universität ist wirklich schön, jedoch höllisch unorganisiert. Das
liegt wohl hauptsächlich an der mangelnden Konkurrenz und der Lebensauffassung der
Malteser: Wenn nicht heute, dann morgen. Und morgen wirds dann doch nicht gemacht...
Genial ist jedoch, dass man ein persönliches Verhältnis zu den Lehrkräften aufbauen
kann und die Besucherzahlen der Vorlesungen kaum 30 Studenten überschreitet. Ich hatte
sogar Kurse mit lediglich 3-4 Teilnehmern. Während meiner Zeit dort habe ich 6 Scheine im
Fach Jura gemacht (international law, european law, IT-law) und fand die Kurse sehr
einfach. Die meisten Prüfungen bestanden aus einer Abschlussarbeit, die wirklich zu
schaffen war. Dazu muss man auch sagen, dass ich oft zu verkatert war, um Vorlesungen zu
besuchen. Unter dem Strich kann man sagen, dass man auf Malta nur studieren sollte, wenn
man nicht wirklich auf die Scheine angewiesen ist. Das von der Universität so
angepriesene internationale Programm erfüllt kaum seiner Versprechungen und hilft auch
wenig bei Problemen die zwangsläufig aufkommen. Leider kann ich in diesem Fall nur den
einzelnen guten Professoren eine Note 1 geben. Dennoch lohnt sich der Aufenthalt, denn wo
sonst kann man eine so tolle und problemlose Zeit verbringen, wie auf Malta...?
Die Malteser sind ein Volk wie kein anders. Wohl selten ist eine Kultur so
oft überrannt worden von Eroberern. Man denke nur an das Joch der Engländer, welches
sicher immer noch präsent erscheint. Doch wenn man die Malteser kennenlernt, dann wird
man zu dem Schluss kommen, dass die ein Volk mit vielen Minderwertigkeitskomplexen ist.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Zum einen wurden Sie schon immer von anderen Kulturen
beherrscht (und sind deswegen auch misstrauisch gegenüber einem möglichen EU-Beitritt
Maltas). Zum anderen ist die Insel doch sehr isoliert und nur wenige schaffen den Sprung
übers Meer. Als dritter Grund will ich auf den durch Katholizismus verkrusteten
Lebensstil hinweisen. Es gibt auf Malta etwa 350 Kirchen bei etwa 350.000 Einwohnern, die
zu 98 % katholisch sind. Religion ist sicher ein wichtiger Teil aller Malteser, doch die
Jugend wehrt sich immer mehr gegen diese Traditionen. Übrig bleibt eine Doppelmoral, die
sicherlich eine Identifikation mit der traditionellen Lebensweise schwierig macht.
Persönlich habe ich nur gute Erfahrungen mit Maltesern gemacht: Sie sind freundlich und
laut, doch bleiben sie in ihren Gruppen, die sie seit dem Kindergarten gebildet haben. Es
ist schwer, in diese Freundschafts- und Familienstrukturen einzubrechen.
Das Nachtleben auf Malta spielt sich in Paceville / St. Juliens´ ab. Gutes
Essen bekommt man m.E. im TGI Fridays, einer berühmten Kette aus den USA. Discos sind nah
beieinander und können meist (bis auf Axis) kostenlos besucht werden. Abchecken sollte
man diese Tour: Fangen sie an im Empire und gehen dann ins Footloose gegenüber. Danach
gehts ab ins Axis. Für eingefleischte Techno Fans empfehle ich Places. Zum
abchillen, vor allem nach einer langen Nacht, sollten Sie das Misfits besuchen. Dort
sollten Sie einen Absynth´ probieren, ein 70%iges Getränk, welches einst Van Gogh ein
Ohr kostete. Hier wird Ihnen die Bedienung sicher beim Einnahmeprozedere behilflich sein.
Noch ein paar Dinge, die man wissen sollte:
Nehmen Sie niemals ein weißes Taxi, diese Leute werden Sie nach Strich und
Faden ausnehmen. Verhandeln Sie in jedem Fall einen fairen Preis und zeigen sie den
Taxifahrern, dass sie über ihre Wucherpreise bescheid wissen. Ansonsten gehen sie zum
nächsten Taxi, die Chacen stehen gut, dass sie einen besseren Preis bekommen, oder der 1.
Taxifahrer zur Einsicht kommt. Getränkepreise sind angemessen, doch empfiehlt es sich,
vorzutanken. Alkohol ist generell teuer auf Malta, doch noch in den Grenzen des
Erträglichen. Frauen sollten immer in männlicher Begleitung in die Discos gehen,
Maltesische Männer schrecken nur wenig zurück. Ansonsten sollte man sich an den
Türsteher wenden.
Auf kulturelle Attraktionen möchte ich nur kurz eingehen: Blue Grotto,
Taxien Temples, Hypogäum, St. John´s Co-Cathedral sind ein Muss. Empfehlenswerte
Strände sind: Golden/Paradise Bay, Ramla Bay (Gozo) und Blue Lagune (Comino) sind geil.
Valetta und seine Museen sind ebenfalls zu besuchen.
Noch eine kurze und ehrliche Notiz: Ich habe das ganze Semester quasi
durchgefeiert und habe wirklich nicht viel für die Uni getan. Doch waren meine Noten alle
im Bereich A B, also wünsche ich Euch verdammt viel Spaß auf der Suche nach
meinen Spuren.
Abschließend muss ich Malta eine gute Note geben. Ein Auslandssemester auf
Malta bedeutet natürlich in erster Linie Sonne, feiern und Menschen aus verschiedenen
Nationen kennenzulernen. Doch darf nicht verkannt werden, dass Malta ein Flair besitzt,
der kaum auf sonstwo auf dieser Erde zu finden ist...
Von Clemens Louis
(2001).
Clemens freut sich über Rückmeldungen jeder Art und beantwortet auch gerne eMails.
Nachtrag:
Als Reaktion auf diverse eMails an Clemens hier noch einige
zusätzliche Tipps von ihm:
Ihr könnt Euch über die Homepage der Uni Malta eine kostenlose
Infobroschüre besorgen (wird per Post verschickt)
=> http://www.um.edu.mt
Die Frage nach den Kosten ist nur recht schwierig zu beantworten, da dies
sehr stark vom Studiengang und natürlich auch von den persönlichen Ansprüchen abhängt.
Vielleicht nicht vielleicht repräsentativ - aber als Hausnummer: Clemens hat insgesamt
ca. EUR 4.500,- ausgegeben.
Als Zugangsvoraussetzung wird von der Uni Malta der TOEFL - Test
verlangt. Bitte rechtzeitig dafür lernen und die entsprechende Prüfung ablegen.
Einfaches Schul-Englisch reicht dafür definitiv nicht aus. Leider gibt es in Deutschland
nicht allzu viele Testzentren, an denen die Prüfung abgelegt werden kann. Außerdem gilt
der Schein nur zeitlich befristet (2 Jahre).
Siehe auch:
=> Hilfreiche Links zum Thema "Studium
auf Malta"
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